Die Flutkatastrophe 2021 war der wohl bislang größte Einsatz in der Geschichte des THW: 17 000 haupt- und ehrenamtliche Einsatzkräfte aus allen Ortsverbänden Deutschlands haben mehr als 2,6 Millionen Einsatzstunden geleistet und mit angepackt, um in den betroffenen Regionen nach Opfern zu suchen, durch das Hochwasser entstandene Schäden und Trümmer zu beseitigen und die zerstörte Infrastruktur wiederaufzubauen. Unterstützt wurden sie auch von technischem Equipment, wie etwa Cat Radladern 926M. Sie sind Teil einer 70 Geräte starken Flotte, die das Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums bei der Zeppelin Niederlassung Köln und ihrem Gebietsverkaufsleiter Dietmar Steiger in Auftrag gab und die bis 2022 sukzessive an die verschiedenen Ortsverbände des THW ausgeliefert wurden. Über einen Rahmenvertrag war die vertragliche Abwicklung der Beschaffung klar geregelt. Damit war eine umfangreiche und THW-spezifische Ausrüstung verbunden, wie sie für Bergungseinsätze vorausgesetzt werden und wie sie in dieser Bandbreite einmalig sind.
Die Beschaffung richtete sich ausschließlich nach der sogenannten Stärke- und Ausstattungsnachweisung des THW und den damit verbundenen einsatztaktischen Forderungen. Auf dieser Basis wurden die technischen Merkmale etwa im Fall der Cat Radlader 926M in einer technischen Beschreibung festgelegt. Hier waren die Merkmale des Baumaschinentyps gefordert, wie Maße, Gewicht, Kipplast, Reißkraft und Hubkraft, Anbaugeräte sowie weitere THW-spezifische Ausführungen. Was die Leistungsdaten der 13 Tonnen schweren Cat Lader betrifft, wurde sich an dem im THW genutzten Vorgängermodell orientiert, das trotz seines relativ geringen Eigengewichts sehr gute Werte bei der Kipplast, Reißkraft und Hubkraft erzielte. Diese waren die Zielwerte, welche auch die Cat Baumaschinen mindestens erreichen müssen und keineswegs unterbieten durften. Dabei galt stets auch im Blick zu behalten, dass die Arbeitsgeräte immer mit dem Standard-Tieflader des THW transportierbar bleiben, was für den Cat 926M zutraf.
Daraus folgten weitere wesentliche Anforderungen, welche die Bundesbehörde an die gesamte Technik stellte: Die Baumaschinen müssen auf Langlebigkeit ausgerichtet sein und einem anspruchsvollen Einsatz selbst unter widrigen Bedingungen standhalten können. „Das ist eine Aussage, die es wirklich in sich hat, denn der nächste reguläre Maschinentausch ist erst wieder in 40 Jahren geplant“, meint Dietmar Steiger. Sollte es nötig werden, müssen die Baumaschinen auch während des laufenden Betriebs kurzfristig gewartet werden können, um wieder einsatzbereit zu sein. Somit spielte bei der Beschaffung auch der Faktor der Wartungsfreundlichkeit eine Rolle.
Anhand des Bedarfs und der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel wurde das Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums beauftragt, eine öffentliche Ausschreibung für das THW durchzuführen. Sie wurde von Peter Nußbaum und seinen Kollegen Viktor Dück und Daniel Krusch vorbereitet, begleitet und durch Unterstützung des verantwortlichen THW-Ingenieurs für Kraftfahrwesen und Fahrzeugtechnik, Jörg Brzoska von der Bundesanstalt, sowie in Zuarbeit von Dietmar Steiger sowie seinem Zeppelin Service-Kollegen Jan Fuchs als Bindeglied zwischen Beschaffungsamt und THW zum Abschluss gebracht.
Nach diversen Besprechungen zur technischen Ausführung im Detail hat die Zeppelin Niederlassung Köln als Baumaschinenlieferant Anfang Mai 2017 ein Musterfahrzeug präsentiert, denn die Vorgaben der Leistungsbeschreibung sollten genau überprüft werden. Dies wurde unter Mitwirkung von ehrenamtlichen Einsatzkräften erprobt. Als alles passte, konnte Caterpillar mit der Serienproduktion beginnen.
Der erste vom THW freigegebene Cat 926M diente dabei als Vorlage. Außerdem wurde eine Stellprobe auf einem Tieflader absolviert und die erste Baumaschine probehalber festgezurrt. Für Ladungssicherung sorgt eine eigens für das THW angepasste Version mit einer zusätzlichen Zurröse. „Eine Musterabnahme und eine anwenderbezogene Mustererprobung ist bei uns obligatorisch. Hier wird überprüft, ob die bestimmungsgemäße Verwendung möglich ist und ob die vertraglich vereinbarte Leistung gemäß Leistungsbeschreibung erbracht wird“, erklärt Jörg Brzoska vom Technikreferat der THW-Leitung. Erst nach erfolgter Abnahme durfte der Auftrag bearbeitet werden, der die Lieferung von zunächst neun Radladern vorsah. Sukzessive wurden in den darauffolgenden drei Jahren im Durchschnitt jeweils über 20 Baumaschinen in Umlauf gebracht. In Summe waren es 70 Geräte vom Typ 926M, die den jeweiligen Ortsverbänden zugeordnet wurden.
Insgesamt unterhält das THW bundesweit 668 Ortsverbände, die durch 66 Regionalstellen betreut werden und die in acht Landesverbänden organisiert sind. In jedem Regionalbereich verfügt mindestens ein Ortsverband über einen Radlader in der Fachgruppe Räumen, Typ B. Mit den Baumaschinen und anderen Geräten arbeitet die Fachgruppe Räumen, die Teil eines „Technischen Zuges“ ist, mit anderen THW-Einheiten eng zusammen. Die Geräte beseitigen Schutt und Trümmer sowie massive Hindernisse und schaffen so wieder freie beziehungsweise zugängliche Arbeitsflächen. Wenn im Fall wie der Flutkatastrophe durch das Hochwasser Straßen beschädigt werden, unterstützen sie auch beim Bau behelfsmäßiger Straßen, indem sie im Zuge von Erdarbeiten mithelfen, Wege und Flächen anzulegen. Die Radlader übernehmen Lade- und Transportaufgaben: Sie befördern Schüttgüter wie Sand und Kies oder schlagen Stückgüter wie Sandsäcke um. Weil bei Katastropheneinsätzen auch Gefahren wie herabfallende Trümmer und in extremen Situationen Feuer und starke Rauchentwicklung drohen, müssen die Maschinen die Einsatzkräfte schützen und darauf vorbereitet sind.
„Die Ausrüstung ist in diesem Umfang sicherlich einmalig und nicht vergleichbar mit der Ausstattung wie sie Cat Baumaschinen für Einsätze auf Baustellen haben. Sie zeigt aber auch, was alles zum größtmöglichen Schutz der Maschinisten unternommen wird, die dann die Geräte im Ernstfall bedienen und dabei womöglich auch ihr Leben riskieren. Für Zeppelin, die Niederlassung Köln und den Service ist es zugleich eine schöne Möglichkeit, unsere ganze Fertigungstiefe zu demonstrieren“, erklärt Stefan Lanio, Zeppelin Niederlassungsleiter Köln.
Koordiniert und abgestimmt hat die Umbau- sowie Montagearbeiten Service-Mitarbeiter Jan Fuchs. Dazu gehörte etwa ein klappbares Blaulicht auf dem Dach und ein Martinshorn, wie es typisch ist für alle Einsatzfahrzeuge des THW. Denn nur so kann das Sonder- und Wegerecht nach StVO in Anspruch genommen werden. Obligatorischer Begleiter ist auch ein Feuerlöscher, der immer mitgeführt werden muss, wenn der neue Cat Radlader 926M ausrückt. Für einen Brandeinsatz gewappnet sind die Radlader dank schwer entflammbarer Kotflügel aus Stahl, die ebenfalls verbaut wurden. Damit der Fahrzeugführer mit anderen Einsatzkräften kommunizieren kann, wurde eine Funkanlage eingebaut, um so sicherstellen zu können, dass der Maschinist genaue Anweisungen empfangen kann. Damit Baumaschinenführer selbst unter starker Rauchentwicklung gefahrlos ihrer Arbeit nachgehen können, sind sie auf Atemschutz angewiesen. Deshalb befindet sich im Inneren links neben dem Sitz eine Halterung für einen 20 Kilo schweren Pressluftatmer (PA). „Das Konzept ist so angelegt, dass die Maschine mit jedem PA wieder einsatzfähig gemacht werden kann. Er kommt immer dann zum Einsatz, wenn die Atemluft durch Rauch oder andere Schadstoffe belastet ist“, so Jörg Brzoska.
Damit der Cat 926M für Fahrten im Straßenverkehr zugelassen ist, sind Verbandskasten, Warndreieck, Warnblinkleuchte und Kennzeichenhalter an Bord. Für den Fall, dass während eines Einsatzes Instandsetzungsarbeiten nötig sind, sind Unterlegkeile und Bordwerkzeug mitzuführen. Eine Starthilfesteckdose gehört ebenfalls zur Grundausstattung, um im Notfall schnell wieder startklar zu sein. Da viele Einsätze auch nachts stattfinden, darf eine ordentliche Beleuchtung nicht fehlen. Um bei langandauernden Einsätzen, die über Nacht erfolgen, auch bei Dunkelheit eine gute Sicht auf das Arbeitsumfeld zu haben, besteht die Kabinen-Umfeldbeleuchtung aus LED. Zum weiteren Schutz des Fahrers gehört ein Kabinenschutzgitter – analog zu Abbrucheinsätzen. Schwer zugängliches Gelände, insbesondere im Winter, erfordert entsprechenden Grip, damit die Reifen nicht durchdrehen. Damit die Radlader zuverlässig und sicher arbeiten können, erhielten sie einen Satz Schneeketten – auch damit unterscheiden sie sich von anderen Baumaschinen in puncto Ausstattung, wie sie eben nicht Standard ist. Abgerundet wurde das Konzept der Ausstattung durch das THW-typische Design im ultramarinblauen RAL-Grundton 5002 und der Beschriftung gemäß den Corporate-Design-Vorgaben des THW.
Weil die Baumaschinen mehr können müssen als das klassische Laden und Transportieren, schlägt sich das auch in der Auswahl der Anbaugeräte nieder. Zum Repertoire gehört eine Palettengabel, um verschiedenste Transportaufgaben wahrnehmen zu können. Am häufigsten kommt beim THW die 4-in1-Schaufel zur Anwendung, weil sie gleich vier Arbeitsschritte – Schieben, Graben, Ziehen und Klammern – abdecken kann. Damit lassen sich die Baumaschinen im Wegebau oder beim Anlegen von Stellflächen einsetzen. Einem anderen Zweck dient der teleskopierbare Kranarm mit Lasthaken. Damit sollen Lasten an dem Kranhaken angeschlagen und bewegt werden können. Damit die Geräte auch speziellere Aufgaben stemmen können, erhielt jede Maschine eine Schaufel mit Niederhalter. Sie ist gefragt bei einem Brandfall, wenn das THW die Feuerwehr unterstützt und ihr Zugang zu Brandnestern verschafft.
All das musste die Zeppelin Niederlassung Köln sicherstellen. Jede einzelne der 70 Cat Baumaschinen wurde vom Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums abgenommen und gütegeprüft. Erst dann und nach typbezogener Einweisung für die ehrenamtlichen THW-Einsatzkräfte durfte die Cat Maschine das Niederlassungsgelände in Köln-Porz verlassen. Bis Radladerfahrer allerdings auf dem Fahrersitz eines Cat 926M während eines Einsatzes Platz nehmen können, vergehen mindestens zwölf Monate. Denn wer innerhalb der Ortsverbände einen Radlader bedient, benötigt dafür eine abgeschlossene Grundausbildung sowie einen CE-Führerschein mit Kraftfahrer-Ausbildung beim THW. Im Ausbildungszentrum in Hoya wird zudem ein zweiwöchiger Lehrgang für Radladerfahrer angeboten, in dem die Grundlagen, aber auch Fähigkeiten vermittelt werden, auf die es bei THW-Einsätzen ankommt. Denn der Umgang mit der neuen Technik verlangt nach Routine, damit jeder Handgriff sitzt. Deswegen finden regelmäßig Übungen auf Regional- oder Landesebene statt, damit die Einsatzkräfte die gestellten Aufgaben im Ernstfall mit der Baumaschine sicher beherrschen.