Digitalisierung als Schlüssel

Wie das Hamburger Unternehmen Günther Meyer zu einem Generaldienstleister transformiert wird

 

„Unsere Infrastruktur ist in die Jahre gekommen. Hier gibt es die nächsten Jahrzehnte einen massiven Erneuerungsbedarf. Doch auch nicht nur aufgrund des Alters stehen wir vor großen Bauaufgaben, sondern auch die Bevölkerung ist gewachsen und viele Leitungen sind unterdimensioniert. Sie können den heutigen Bedarf in Zukunft nicht mehr vollumfänglich abdecken. Zusätzlich spielt die Begrünung des innerstädtischen Raums eine immer wichtigere Rolle als Katalysator verschiedenster menschengemachter Umwelteinflüsse“, ist Geschäftsführer Max Lorenz Hagenbeck überzeugt, der zusammen mit Jonas Plett das Hamburger Unternehmen Günther Meyer fortführt. Der Sohn des Namensgebers und des Firmeninhabers Wulf Lobmeyer suchte einen Nachfolger und fand die beiden Jungunternehmer, die in das Geschäft rund um den Gala-, Erd- und Tiefbau vor eineinhalb Jahren einsteigen wollten. Sie sehen nicht nur dort Wachstumschancen, sondern haben auch eine klare Zukunftsvision, wie sie das alteingesessene Bauunternehmen in Richtung Digitalisierung transformieren können. Erste Erfolge haben sich schon eingestellt: Die digitale Ausrichtung führte bereits in kürzester Zeit dazu, einen Rahmenvertrag eines großen städtischen Versorgungsunternehmens an Land zu ziehen.  

 

„Unsere Idee ist: Wir wollen einen Generaldienstleister aufbauen“, erklärt Max Lorenz Hagenbeck – der Familienname ist in Hamburg bei Jung und Alt durch den gleichnamigen Tierpark bekannt. Doch mit dem Zoo hat das neue Unternehmen von Max Lorenz Hagenbeck, der zudem geschäftsführender Gesellschafter von Hagenbeck Industries, der Muttergesellschaft von Günther Meyer ist, nichts zu tun. Das Kerngeschäft erstreckt sich über die Geschäftsbereiche Gartenbau, Tiefbau und Elektrotechnik, die im Ballungsraum Hamburg bis nach Lüneburg, Stade und Neumünster ausgeführt werden. Durch die Einführung von Umwelt-, Gesundheits- und Qualitätsmanagementsystemen sollen die Geschäftsbereiche weiter professionalisiert werden, um das Wachstum zu beschleunigen. Nur so war es beispielsweise möglich, den Geschäftsbereich Elektrotechnik seit diesem Jahr neu aufzubauen. „Dieser Bereich erfordert ganz speziell geschultes Personal. Ohne eigene Elektrotechnik ist die Erschließung der Ladeinfrastruktur für private oder öffentliche Auftraggeber genauso unmöglich wie die Installation von Fotovoltaikanlagen auf Dachgärten“, so Max Lorenz Hagenbeck. In kürzester Zeit ist es ihm sowie Jonas Plett gelungen, das bestehende Team von 15 Mitarbeitern auf eine Belegschaft von 50 Mitarbeitern mit umfangreicher Expertise auszubauen.

 

„Wir haben eine junge Denkweise und sind absolut IT-affin. Natürlich brauchen wir Mitarbeiter mit fachlicher Qualifikation für unsere operativen Aufgaben, wie Bauleiter, die etwa technische Studiengänge absolviert haben müssen. Was jedoch viele neue und junge Mitarbeiter aus anderen Berufszweigen zu uns zieht, hat neben der Digitalisierung weitere Gründe wie modernste Baumaschinen, umfassende Ausstattung an Arbeitskleidung, ein offenes Betriebsklima oder einfach die Möglichkeit aktiv die Transformation mitzugestalten. Ideen werden gehört und umgesetzt“, erklären die Firmenchefs. Gemeinsam verfolgen sie den Ansatz, möglichst viele Prozesse und Abläufe zu standardisieren und anschließend digital abzubilden, um sie zu automatisieren. „Verwaltungsaufgaben werden durch die Bürokratie immer mehr – auch sicherheitstechnische Themen gewinnen an Bedeutung. Gleichzeitig fordern die Märkte immer mehr Ressourcen, denen jedoch immer weniger Fachkräfte gegenüberstehen.

 

Einer der wesentlichen Schlüssel da gegenzusteuern, ist Digitalisierung. Doch viele Firmen reduzieren Digitalisierung auf die reine Zeiterfassung per App. Bei uns greift das viel weiter. Wir streben die Gesamtsteuerung des Unternehmens an“, plant Max Lorenz Hagenbeck. Das betrifft insbesondere die Vernetzung von Aufgaben und Baumaschinen sowie das komplette Baustellenmanagement. Im Kern dreht sich alles um Daten, die in einem Produktionsplanungssystem (PPS) bei der Planung, operativen Steuerung und Überwachung der Bauprojekte erfasst und ausgewertet werden. „Das führt dazu, dass wir ein anderes Anforderungsprofil an einen Bewerber stellen als eine traditionelle Baufirma. Bei uns muss niemand ein IT-Studium absolviert haben, aber er sollte bereit sein, Dinge auszuprobieren und damit auch spielen zu wollen. Das bietet neue Möglichkeiten: Jeder kann sich weiterentwickeln und hat die Chance, eine höhere Position zu erlangen – ein ursprünglicher Eisenflechter kann durch Qualifikation sich so bis zum Vorarbeiter hocharbeiten“, berichtet Max Lorenz Hagenbeck.

 

Doch wie konnte es gelingen, die Stammbelegschaft für die Entwicklung zu gewinnen? Seine Antwort: „Wir haben jeden in unsere Entscheidungsschritte einbezogen, um so das Team mitzunehmen, wenn wir versuchen, möglichst viele Arbeitsschritte zu standardisieren und zu automatisieren. Und damit müssen unsere Mitarbeiter umgehen können.“ Dafür wurden in den letzten eineinhalb Jahren rund 250 000 Euro investiert und zwei IT-Experten eingestellt, die sich intensiv darum kümmern und entsprechende Schnittstellen programmieren oder logische Verknüpfungen zwischen den Prozessen schaffen. Zentrales Element ist dabei eine Projektverwaltung mit integriertem Produktionsplanungssystem, über das die Arbeitsgeräte den jeweiligen Baustellen zugeordnet werden. Hinterlegt ist der zeitliche Rahmen, wie lange etwa ein Bagger für die anstehenden Aufgaben benötigt wird. Daran gekoppelt ist die Logistik, welche die anstehenden Transporte der Baumaschinen in die Wege leiten muss, aber auch die Lieferung der benötigten Ressourcen wie Bauzäune, Container oder Baumaterial. Von jeder Baumaschine bis hin zur Rüttelplatte werden die Daten per GPS erfasst. Dazu wurde in jedes Gerät ein Tracker eingebaut. Mittels personalisierter Transponder können die Mitarbeiter nun Maschinen sowie Geräte entleihen und diese starten. Sie werden außerdem über die bevorstehenden Ablaufdaten ihrer Sicherheitsunterweisungen informiert, um sich rechtzeitig zur Nachschulung anzumelden.

 

Nebenbei erfolgt automatisiert durch die Log-in-Prozesse in den Fahrzeugen oder an Maschinen die Arbeitszeiterfassung. Sobald eine Baumaschine dann auf der Baustelle mit dem Einsatz beginnt, läuft die Zeit, Kosten werden dieser zugeordnet sowie im Projekt verbucht. „Unser System prüft anhand der Daten permanent, ob unsere Kalkulation noch gilt und das Projekt innerhalb des kalkulierten Kostenrahmens liegt und die Bauzeit eingehalten werden kann“, erklärt Jonas Plett. Doch es geht noch weiter: Auch die durchgeführten Arbeitsschritte werden im Detail aufgezeichnet und dokumentiert. So lässt sich im Nachgang beispielsweise genau feststellen, wie viel Kubikmeter Schottertragschicht eingebaut oder wie viele Bäume gepflanzt wurden. Als zentraler Baustein spielt das Flottenmanagement Vision Link die Hauptrolle, auf welches das Unternehmen zurückgreift, um Daten wie Betriebsstunden, Leerlauf und Kraftstoffverbrauch der Baumaschinen auszuwerten.

 

Und das war einer der wesentlichen Gründe, auf Cat Baumaschinen zu setzen. Den Schritt in die Selbstständigkeit untermauerten Max Lorenz Hagenbeck und Jonas Plett durch eine Modernisierung im Maschinenpark. Neben der Beschaffung eines eigenen Saugbaggers sowie der Erweiterung des Fuhrparks investierten sie in elf Cat Minibagger 301.8, einen Cat Kurzheckbagger 308CR, einen Mobilbagger ZM 110, drei Cat Radlader 906M und zwei Cat Radlader 910 sowie sechs Wacker Neuson Kettendumper DT23. Zweischalengreifer, Mischschaufeln, Tief- und Drainagelöffel, Kombischaufeln und Palettengabeln mit Niederhalter vervollständigen das Paket.

 

„Wir hatten klare Vorstellungen und ganz konkrete Anforderungen, mit denen wir Anbieter von Baumaschinen aufgefordert hatten, ein Angebot abzugeben und mit denen wir dann in Verkaufsverhandlungen getreten sind.“ So suchten die beiden dann den direkten Kontakt zu Michael Otto, dem leitenden Vertriebsrepräsentanten der Zeppelin Niederlassung Hamburg, der sie im Hinblick auf die technische Ausstattung wie einen schwenkbaren Powertilt für Bagger sowie den dritten Steuerkreis bei den Radladern beraten sollte. Doch die Kernfrage kreiste um Digitalisierung, denn die Daten der Baumaschinen sollen in das ERP-System eingebunden werden, um so deren Kosten zuordnen zu können. Das übergeordnete Ziel ist es letztlich, Vision Link mit der Zeiterfassung und dem Tracking der Fahrzeuge zusammenzubringen, sodass alle miteinander kommunizieren und die Daten abgeglichen werden können. „Sämtliche Daten, die wir bekommen können, nutzen wir auch und der Datenpool stellt uns die Informationen zur Verfügung, die wir zur Steuerung benötigen. Besondere Bedeutung hat daher, wenn eine Maschine stillsteht. Hier müssen wir wissen, woran wir sind und warum es zum Leerlauf kommt“, führt das Geschäftsführerduo aus.

 

Deswegen spielte auch der Aspekt der Verfügbarkeit der Cat Geräte eine Rolle, um den Einsatz planen zu können und unvorhergesehene Ausfälle zu reduzieren. Aber auch um die Kosten der Betriebsstunden genau eingrenzen zu können, wurden für alle Maschinen Full-Service-Verträge geschlossen. „Moderne Technik ist ein weiterer Punkt, wie wir Mitarbeiter gewinnen konnten. Heutzutage wollen Fahrer nicht mehr im reinen Standard arbeiten, sondern sie wollen neueste Funktionen. Dann berichten sie auch anderen voller Stolz über ihren Arbeitgeber“, sind die Erfahrungen, die Jonas Plett und Max Lorenz Hagenbeck gemacht haben. Dazu zählt auch das Erscheinungsbild, welches das Unternehmen nach außen abgibt. Baumaschinen und Baufahrzeuge sind alle im schwarzen Design gehalten und tragen den weiß-blauen Schriftzug seitlich wie auch oben auf dem Kabinendach: Wat mutt, dat mutt.

 

„Unser Gedanke war: Wer in Hamburg im zweiten oder dritten Stock aus dem Fenster schaut, sieht gleich unsere Werbung. Wir wollen anders sein und das nach außen hin unterstreichen“, sind die Argumente. Sich abgrenzen, schließt auch den Pkw- Fuhrpark ein, der, wo immer möglich, auf Hybridfahrzeuge ausgerichtet ist. „Zu unserem Leistungsangebot ist uns Nachhaltigkeit und Ökologie wichtig, daher haben wir uns zu diesem Schritt entschlossen“, meinen die beiden. Es reicht aber bis hin zur funktionalen Arbeitskleidung. Hier geht das Unternehmen Günther Meyer ebenfalls schon weiter als es Branchenstandard ist – den Unterschied macht beispielsweise Thermounterwäsche, die dem Personal zur Verfügung gestellt wird. „Wir brauchen ein Team, das hinter unseren Ideen steht und so versuchen wir, die Wünsche unserer Mitarbeiter zu berücksichtigen. Das gilt ganz besonders für die Ausstattung der Baufahrzeuge. Wir sind umgekehrt aber auch sehr daran interessiert, dass Mitarbeiter Ideen vorbringen. Langfristig beabsichtigen wir, unser Know-how und unsere Erfahrungen hinsichtlich der Digitalisierung eines Bauunternehmens auch anderen in der Branche anzubieten, die Interesse daran haben“, erklären die Jungunternehmer. Sie planen in der Zukunft, Beratungsleistungen anzubieten und anderen zu zeigen, wie die Weichen in Richtung Digitalisierung gestellt werden können.

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