Erst einmal trainieren, bevor es ernst wird, denn sonst können Fehler unter Umständen tödlich enden: Das gilt für Lokführer, aber auch für Piloten. Wer bei der Deutschen Bahn zum Triebfahrzeugführer oder bei der Lufthansa zum Flugzeugkapitän ausgebildet wird und später unzählige Fahrgäste sicher von A nach B bringen soll, muss üben, um schnell Situationen einschätzen und im Ernstfall sofort reagieren zu können. Auch der sachgemäße sowie effiziente und sichere Umgang mit Baumaschinen kann inzwischen anhand von Simulatoren erlernt werden, die Caterpillar und Zeppelin neben den Original-Geräten zu bieten haben.
„Jeder Pilot muss zigfach die Prozesse testen und üben, bis er zum ersten Mal in seinem Leben in ein reales Cockpit steigen darf, um Passagiere zu befördern. Was in einem Flugzeug funktioniert, gilt im weitesten Sinn auch für Baumaschinen. Selbst mit ihnen lassen sich alltägliche Abläufe auf Baustellen visualisieren, und diese können dann damit gefahrlos realitätsnah trainiert werden, ohne dass der Fahrer in einer echten Kabine sitzen muss“, so Staale Hansen, Leiter Produktmanagement für Großgeräte – in seiner Abteilung, zu der die Spezialisten der Projekt- und Einsatztechnik zählen, ist das Thema Baumaschinensimulatoren aufgehängt, die Zeppelin im Programm hat.
Was für die Schulung von Fahrern mit einem Simulator spricht, ist eine erhöhte Sicherheit. Ein Simulator schützt den Fahrer, aber auch die Baumaschine vor Beschädigungen. „Sogar extreme Situationen, wie man sie sich vielleicht nicht zutrauen würde, lassen sich anhand eines Simulators ausprobieren, ohne dass es ernste Konsequenzen hat. Wer etwa die Grenzen eines Kipppunkts einer Baumaschine ausloten will, muss kein Umkippen befürchten“, so Staale Hansen. Je nach Erfahrung und Kenntnisstand kann ein Simulator das Wissen des Fahrers berücksichtigen. Außerdem lässt sich der erzielte Lernprozess begleiten und auswerten. Je besser die Arbeitsprozesse geübt werden und somit verinnerlicht wurden, desto besser können sie in der Praxis umgesetzt werden. „Der Fahrer fühlt sich sicherer und es stellt sich schneller eine Routine bei den Arbeitsabläufen ein“, meint Staale Hansen. Ein Simulator ist nicht Wind und Wetter ausgesetzt, sondern steht uneingeschränkt bereit. Es fällt kein Spritverbrauch und somit kein CO2-Ausstoß an, was ebenfalls für diese Form des Trainings spricht.
Bauunternehmen und Gewinnungsbetriebe, die neues Personal im Umgang mit Baumaschinen anlernen wollen, können bei Zeppelin zwischen drei Varianten von Simulatoren wählen, die sich durch verschiedene Software und Hardwarekomponenten unterscheiden: Die kleine Ausführung läuft unter Cat SimLite. Diese Ausführung gibt es beispielsweise für die Simulation von einem Dozer oder Bagger. Sie basiert auf einer standardisierten Plattform und ist als eigenständiges Lehrmittel konzipiert, das über Hardware und Software bereitgestellt wird.
Da Arbeitsschutz auf jeder Baustelle Vorrang hat, beginnt jeder Kurs mit Lektionen zur Sicherheit am Arbeitsplatz und an den Maschinen. Die Teilnehmer lernen, wie man Gefahren auf der Baustelle erkennt und vermeidet, wie wichtig die persönliche Schutzausrüstung (PSA) ist und wie man schwere Maschinen sicher bedient. Die Schulungsteilnehmer erfahren auch, wie sie maschinenspezifische Inspektionen durchführen und werden mit den authentischen Cat Bedienelementen vertraut gemacht. Dabei erhalten die angehenden Fahrer Unterstützung Schritt für Schritt in Form von Videos, gehen die spezifischen Lektionen durch, die mit jeder Simulationsübung verbunden sind, und sind dann bereit, mit der praktischen Schulung an Cat Simulatoren zu beginnen.
SimLite umfasst verschiedene Übungen, um etwa im Fall eines Dozers das Steuern der Maschine genauso zu trainieren wie das Erstellen einer geraden und ebenen Planie. Ist das Schulungsobjekt ein Bagger, müssen das Ausheben von Material sowie das Beladen und das Manövrieren der Maschine auf engem Raum geübt werden. Sobald die Maschinisten die grundlegenden Fertigkeiten zur Bedienung beherrschen, müssen sie ihre Fertigkeiten im Hinblick auf Genauigkeit, Effizienz und Sicherheit verfeinern. Das System ist in mehreren Sprachen erhältlich. Echte Cat Konsolen, ein Programm, das die Ergebnisse der Trainings auswertet, und ein Lehrplan runden das System ab. Zudem gibt es die Option für VR, Virtual Reality, um darüber eine noch größere Tiefenwahrnehmung und einen detaillierten und realistischen Blick auf die Baustellenübungsumgebung zu erhalten. Das ganze System passt in robuste Koffer und kann so leicht zu den Schulungsörtlichkeiten transportiert werden, sodass die Schulungen damit auch außerhalb der Firmenzentrale stattfinden können. Der dazugehörige Lehrplan ist online verfügbar und kann vor Ort während der Schulung oder für das Fernstudium verwendet werden. Zum Angebot gehören auch ein Kursüberblick, Übungsziele, Unterrichtspläne, Checklisten, Videos und Tests, um das Wissen der Teilnehmer während des Kurses zu bewerten.
Die mittlere Ausführung von Simulatoren, die Zeppelin im Programm hat, besteht aus einem Cat Fahrerstand. Einen solchen vertreibt Zeppelin über die Abteilung Projekt- und Einsatztechnik und bietet ihn Interessenten zur temporären Miete an, falls Unternehmen diesen für Jobmessen, Firmenevents, einen Tag der offenen Tür sowie zum Recruiting von neuem Personal oder Auszubildenden einsetzen wollen. Der Fahrerstand ist ähnlich wie SimLite aufgebaut, doch im Gegensatz dazu stehen mehr Maschinenmodelle als Simulation zur Verfügung. Durch den modularen Aufbau des Fahrerstandes lässt sich die Anwendung durch den Anbau von Komponenten erweitern oder umrüsten, sodass eine größere Bandbreite an Geräten abgedeckt werden kann. Die Software hat ebenso wie SimLite die Firma Simformotion entwickelt – das Unternehmen ist Teil von Caterpillar und ein führender Anbieter von Simulator-Schulungslösungen für Baumaschinen. Gegründet wurde Simformotion 2009 und hat sich seitdem auf Schulungstechnologien für die Baubranche sowie für den Bergbau, die Land- und Forstwirtschaft spezialisiert.
Bei klassischen Simulatoren sitzt man in einem offenen Raum auf einem Sitz vor Bedienelementen und schaut auf einen Bildschirm, der einen abstrakten Blick aus der Baumaschine heraus vermittelt. Die Wahrnehmung erfolgt über den Monitor. Doch bei dem Fahrerstand von Cat gibt es eine Motion-Plattform: Typische Cat Konsolen und ein Original- Fahrersitz samt Sicherheitsgurt sowie ein VR-Set sorgen für ein möglichst realitätsnahes Fahrgefühl.
Noch weiter geht die dritte Lösung: ein Simulator als Vollkabine, den Zeppelin zusammen mit Oryx entwickelt hat. Zwei Jahre Entwicklungszeit steckten in dem Projekt. Die Idee und das Knowhow stammte von der Firmengruppe Hagedorn, die zwei solche Vollkabinen- Simulatoren 2019 in ihrer hauseigenen Akademie in Betrieb nahm. Nachgebildet wurde ein Cat Kettenbagger 336 mit L-Laufwerk und ein Cat Longfrontbagger 340F UHD mit Heavy-Duty-Unterwagen. Für diesen Einsatz wurde die Kabine kippbar gemacht – so wie es auch der Realität entspricht. Damit sollte auch der Abbruch eines Gebäudes mit Stahlträgern in großer Höhe nachgebildet werden können, um den Einsatz eines Longfrontbaggers zu trainieren. Denn der Umgang in großen Höhen mit viel Reichweite erfordert besonderes Können und Geschick, insbesondere, wenn dann Stahlträger zu demontieren sind. Der weitere Simulator basiert auf einem Kettendozer vom Typ Cat D6 XE. Mit ihm soll der Umgang mit 3D-Steuerung trainiert werden, insbesondere das Abschieben von Boden, das Anlegen einer Böschung und das Erstellen eines Geländeprofils mit Steigungen, Längs- und Quergefälle.
„Vorausgegangen waren intensive Gespräche über das, was der Simulator mit der Vollkabine können muss und was die Praxis auf der Baustelle fordert. Die Softwareentwickler haben mehrere Baustellen des Unternehmens besucht, um einen realistischen Eindruck zu bekommen, wie sie das Programm für den Simulator entwickeln müssen, damit die Anwendungen so realistisch wie möglich werden“, unterstreicht Staale Hansen. In Zukunft will Zeppelin auch anderen solche Vollkabinen-Simulatoren, die auf einer gebrauchten oder neuen Fahrerkabine von einem Cat Dozer oder Cat Bagger der neuen Generation basieren, anbieten. Bedingt durch die Vollkabine können an allen Fenstern, aber auch auf dem Dach Monitore angebracht werden, welche die reale Baustelle 360 Grad simulieren. Wesentlich ist auch hier eine Motion-Plattform-Technologie. Somit werden für den Fahrer in der Kabine reale Bewegungen erzeugt und mit den visuellen Darstellungen von Baustellenszenarien synchronisiert, wie sie Fahrer unter realen Einsatzbedingungen in einer Original-Baumaschine erleben. Das heißt, die Fahrer empfinden im Simulator die gleichen Vibrationen und Neigungen, denen sie auch sonst ausgesetzt wären.
„Das Problem des Fachkräftemangels trifft immer mehr Firmen. Inzwischen haben wir bereits verschiedene Anfragen großer Baukonzerne, aber auch vom Mittelstand vorliegen, die sich für unsere Simulatoren interessieren und diese in die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern integrieren wollen. Junge, im Umgang mit Baumaschinen noch unerfahrene Talente können damit gefahrlos an die Technik herangeführt werden und sich mit der Baustellensituation vertraut machen. Erfahrene Fahrer können mithilfe der simulierten Arbeiten mit den Baumaschinen Abläufe trainieren, um noch effizienter zu werden. Simulatoren bieten eine gute Möglichkeit, Fahrer kontinuierlich zu schulen und Simulatoren für das Recruiting von Fachpersonal einzusetzen“, ist Staale Hansen überzeugt.