Ein neuartiges, wirtschaftliches Verfahren entwickelten die Experten der FISCHER Weilheim GmbH für den Teilabbruch eines Stadtbahntunnels in Stuttgart. Die rund 1,60 m dicken Betonwände wurden erst streifenweise mit einer KEMROC-Querschneidkopffräse vorgefräst und danach mit einem KEMROC-Schneidrad durchgeschnitten. Anschließend wurden die einzelnen Segmente umgelegt, nachsortiert und zerkleinert.
Die baden-württembergische Landeshauptstadt Stuttgart verändert beständig ihr Gesicht. Im Zuge des großen Bahnbauprojekts „Stuttgart 21“ sind zahlreiche Tunnel neu zu bauen oder zu verändern – so auch in der Schillerstraße, wo die Verbindungstrasse zwischen der neuen Stadtbahnhaltstelle „Staatsgalerie“ und der Klettpassage (Halt Hauptbahnhof) umgebaut wird. Hierzu muss zunächst der bestehende Tunnelkörper auf einer Länge von rund 120 m abgebrochen werden. Zu Beginn der Arbeiten im Frühsommer 2020 ging das vom Generalunternehmer, der Ed. Züblin AG, beauftragte Unternehmen FISCHER Weilheim GmbH zunächst nach klassischer Methode vor: Man zerkleinerte schrittweise die Tunneldecke in Abhängigkeit zum Einbau der notwendigen Rohrsteifen zur Aussteifung der Baugrube. Hierbei erfolgte der Abbruch sowohl von oben als auch von unten im Tunnel. Dabei kam ein Hydraulikbagger mit Hammer und Schere zum Einsatz. Danach ging es an die massiven Tunnelwände mit der erschwerten Bedingung, dass sich zwischen Beton und anstehendem Boden ein Ziegelmauerwerk und eine bituminöse Abdichtung befinden. Nach üblichen Vorgaben der Recyclingwirtschaft mussten diese verschiedenen Materialien voneinander getrennt und separat weiterverarbeitet bzw. entsorgt werden.
Beim klassischen Vorgehen mit Bagger und Hydraulikhammer würden diese Materialien unvermeidbar miteinander vermischt werden. Um dies zu vermeiden, entwickelte man bei FISCHER zusammen mit Otmar Riester, Handelsvertreter für KEMROC in Baden-Württemberg und der Schweiz, ein innovatives, segmentweises Arbeitsverfahren: Der Abbruch erfolgte mit einem angemieteten Tunnelbagger Liebherr R950 als Schlüsselmaschine, Hammer und Schere sowie zwei KEMROC-Anbaufräsen. Damit wurden die Tunnelwände etappenweise in einzelne, 4 – 6 m breite Segmente geschnitten, anschließend wurden sie umgeklappt und weiterverarbeitet.
Die einzelnen Arbeitsschritte in Zeitlupe: Zunächst verjüngt der Baggerfahrer mit der Querschneidkopffräse KEMROC KR 165 die Betonwand auf einem senkrechten, 150 cm breiten Streifen auf rund 100 cm Wandstärke. Anschließend schneidet er mit dem KEMROC-Schneidrad DMW 220_1000 die Betonwand in der entstandenen Vertiefung von oben nach unten durch. Das wird in seitlichem Abstand wiederholt, so dass ein einzelnes Betonsegment freigelegt wird. Dieses Segment wird daraufhin oberhalb der Bodenplatte mit Bagger und Hydraulikhammer geschwächt und danach mit dem Baggerlöffel zu Boden geklappt. Anschließend werden auf der Rückseite des Wandstücks anhaftendes Erdreich, die Abdichtungsschicht und das Ziegelmauerwerk einzeln separiert. Schließlich wird das nunmehr freigelegte Betonstück mit einem weiteren Bagger plus Hydraulikhammer und Schere so weit zerkleinert, dass das Material aus der Baugrube befördert werden kann.
Nach dem Beginn der Arbeiten an den Tunnelwänden im Juni 2020 war zwei Monate später bereits knapp die Hälfte der Tunnelwände beseitigt. Christoph Fischer, Gesellschafter der vierten Generation bei Fischer Weilheim sowie verantwortlich für Maschinentechnik und Speziallösungen im Familienunternehmen, kommentiert die komplexe Vorgehensweise: „Schon nach kurzer Zeit erwies sich diese Methode als das wirksamste und rationellste Verfahren für Abbruch und Materialtrennung. Wir erzielen sicherlich die doppelte Leistung verglichen mit dem Einsatz von Hydraulikhämmern, weil sich im engen Tunnelgebäude ein Bagger nicht sehr günstig für den Hammereinsatz aufstellen kann.“ Einen weitaus größeren Effekt bringt laut Christoph Fischer der Abbruch in Etappen: „Durch das Loslösen einzelner Wandelemente schaffen wir viele günstige Angriffspunkte für die weitere Zerkleinerung per Bagger und Hydraulikhammer. Zudem können gleich mehrere Maschinen am selben Einsatzort arbeiten. Der Aufwand an Maschinentechnik ist natürlich sehr hoch, aber der Zeitfaktor spielt bei den enormen Kubaturen auf dieser Baustelle eine weitaus wichtigere Rolle. Darüber hinaus“, so Christoph Fischer abschließend, „stellt dies auch einen Schritt in Richtung der immer mehr geforderten, emissionsarmen Abbruchweise dar.“