Ferienzeit heißt Bauzeit: Das gilt insbesondere für die Bahn. Um die Beeinträchtigungen für Fahrgäste in Grenzen zu halten, werden insbesondere in den Sommermonaten Arbeiten am Streckennetz vorangetrieben. So wie vor den Toren Münchens zwischen Trudering und Zorneding. Dort erhält die S-Bahn-Strecke aktuell 20 neue Weichen, auf sieben Kilometern Länge neue Gleise mit Schwellen und Schotter sowie auf einer Länge von 1,7 Kilometern neue Schienen, während der Zug-Fernverkehr weiterlaufen muss und zwischen Haar und Trudering nur eingleisiger S-Bahn-Verkehr besteht. Bei der Terminbaustelle muss sich der neue Cat Zweiwegebagger M323F von Knape Bahnbau erstmals im Gleiseinsatz beweisen. Das Unternehmen, das dabei den Generalunternehmer Swietelsky unterstützt, ist diesen Juli durch eine Zusammenlegung der PSI Projektsteuerung für Infrastruktur und Industrie GmbH mit dem gesamten operativen Geschäft der Knape Gleisbau GmbH & Co. KG entstanden und setzt alle bisherigen Tätigkeiten als Knape Bahnbau GmbH fort. Die Knape Gruppe Holding ist weiter als Partner und maßgeblicher Gesellschafter mit an Bord.
„Die Übernahme erfolgte im Zuge eines Asset-Deals und wurde in Rekordtempo innerhalb von acht Wochen vollzogen“, so Martin Kempf, damaliger Geschäftsführer von PSI sowie von Knape Gleisbau und aktueller Geschäftsführer der heutigen Knape Bahnbau. Er hat sich 2004 mit der Projektleitung und mit dem Vertragsmanagement selbstständig gemacht und bot diese Leistungen in Verbindung mit Arbeitsvorbereitung, Nachtrags- sowie Konfliktmanagement insbesondere in den Bereichen Tief- und Eisenbahnbau für Bauunternehmen an. 2020 kam er als Interimsmanager zur Knape-Unternehmensgruppe, um eine Wiederbelebung des konventionellen Gleisbaus zu initiieren. Dies gelang in enger Abstimmung mit der Eigentümer-Familie Knape. Gemeinsam wurde ein Konzept entwickelt, das operative Geschäft auszubauen. „Das mittelständische Familienunternehmen hat eine lange Tradition, die wir nun im Bereich Bahnbau fortführen“, erklärt Martin Kempf. Seit über 90 Jahren ist der Gleisbau in Deutschland eng mit dem Namen Knape verbunden.
Eine Abgrenzung zu früher gibt es: Neben dem ganzen Spektrum Gleisbau will sich das frisch gegründete Unternehmen, wie dessen neuer Name sagt, auf Arbeiten rund um den Bahnbau konzentrieren und das von Oberbayern aus bundesweit anbieten. Das betrifft nicht nur die Instandhaltung und den Neubau, sondern auch die Logistik und Untergrundsanierung, die mit den Partnerunternehmen der Knape-Gruppe angeboten werden können. Hinzu kommen Arbeiten rund um den Tief- und Oberbau samt den dazu passenden Dienstleistungen wie etwa die Maschinen- und Gerätevermietung. Konkret geht es um Entwässerungsanlagen, den Kabeltiefbau sowie Schotterhalterungen und Randwege. Was PSI früher gemacht hat, wird beibehalten. Das betrifft das Projektmanagement und die Projektsteuerung, aber auch das Vertrags- und Claimmanagement im Zusammenhang mit Bau- und Industrieprojekten aller Art.
„Das ist in Zukunft eine gute Ergänzung. Wir sind, wenn man so will, eine kleine, aber feine Gleisbau-Boutique für die Bahn, aber auch für andere Unternehmen, die eine Gleisanlage oder einen Gleisanschluss betreiben, für die wir ein breites Leistungsspektrum anbieten“, beschreibt Martin Kempf die Kernkompetenz. Nach der Zusammenlegung von PSI und Knape Gleisbau hat die Knape Bahnbau nun knapp 40 Mitarbeiter. „Die Zusammenarbeit funktioniert reibungslos, weil alle handelnden Personen schon gut eineinhalb Jahre Zeit hatten, sich aneinander zu gewöhnen. Wir haben dasselbe Personal, dieselben Geräte und dasselbe Managementsystem, lediglich einen anderen Namen und einen neuen Schriftzug im alten Logo. Deswegen haben wir auch ohne Probleme die höchste Präqualifizierung der Bahn beibehalten können, die nach Vorlage der entsprechenden Nachweise übertragen wurde“, ergänzt der Geschäftsführer.
Um sich maschinentechnisch neu auszurichten und zu verstärken, wurde nun in neue Zweiwegetechnik investiert. „Zeppelin und die Niederlassung München sind uns hier entgegengekommen, was hilfreich für ein Unternehmen ist, das sich gerade neu formiert hat“, äußert Martin Kempf. Aktuell steht der zweite Cat M323F in der Zeppelin Niederlassung München kurz vor der Auslieferung an Knape Bahnbau. Bei Montagearbeiten hatten sich die Vorzüge der Zweiwegebaggertechnik herauskristallisiert, als der Bagger erstmals über Zeppelin Rental angemietet wurde, um Ankerbohrarbeiten zur Hangsicherung entlang von Bahnstrecken zu realisieren. Knape Bahnbau hat gemeinsam mit der HTB aus Kufstein ein gleisgebundenes Gründungsverfahren angewandt, das Arbeiten bei Betrieb im Nachbarbleis und nur 3,50 Meter Gleisabstand ermöglichte. „Es zeigte sich, dass wir mit dem Cat Gleisbagger die Bohrlafette vom Gleis aus weit genug auslegen und die Anker setzen konnten“, stellt Martin Kempf dar. Denn je weiter der Baggerausleger samt Arm und Bohrlafette neben dem Gleis hinausreichte, desto größer waren die Flächen, auf denen der Bagger sein Werk verrichten konnte und desto schneller ging es voran, wodurch das Unternehmen mit Wirtschaftlichkeit bei dem Auftrag punkten konnten. Die Baumaschine überzeugte dabei im Hinblick auf ihre Standsicherheit und Reichweite.
Eigenschaften wie diese bestätigt auch Jörg Sack, der seit 20 Jahren als Zweiwegebaggerfahrer arbeitet und für die Unternehmensgruppe Knape seit acht Jahren in der Sparte Gleisbau tätig ist. Der Maschinist durfte vor dem ersten Baustelleneinsatz sein neues Arbeitsgerät testen – auch seine anderen vier Kollegen wurden an die neue Technik herangeführt und wie Jörg Sack dann letztlich eingewiesen. Sein Fazit: „Der Bagger steht da wie eine Eins. Da schaukelt und kippt nichts.“ Auch dass Jörg Sack profilfrei arbeiten kann, ist ein weiteres Argument, was für den M323F von Cat spricht. Denn immer wieder stehen Arbeiten an zweigleisigen Streckenabschnitten an, dann kann der Schienenverkehr auf dem Nachbargleis dank des Heckschwenkradius von 1 566 Millimetern problemlos weiterlaufen.
Ein Alleinstellungsmerkmal des Zweiwegebaggers von Cat ist sein hydrostatischer Schienenradantrieb an beiden Gleisachsen. Dieser treibt über hydraulisch betriebene Motoren die Schienenführungsräder direkt an. Somit kann Jörg Sack problemlos über Gleisschaltmittel hinwegrollen und dabei die Geschwindigkeit von 20 km/h beibehalten. Der Fahrer muss die Räder des Baggers nicht jedes Mal vor den Schalteinrichtungen im Gleisbett anheben und danach wieder absenken – das vermeidet Schäden an Sicherheitseinrichtungen im Gleisbett, wie etwa den Indusi-Magneten. Das wäre sonst mit hohen Kosten im Zuge der Erneuerung verbunden. „Man fährt damit nichts mehr kaputt und kann leichter bremsen“, lautet das Urteil des Fahrers.
Auch die leicht zu programmierende Hub- und Schwenkbegrenzung erleichtert ihm das Fahren und Arbeiten unterhalb der über die Gleise verlaufenden Oberleitung hindurch, so wird Sicherheit zur Seite als auch nach oben gewährleistet. Der neue Zweiwegebagger erhielt eine Druckluftbrems- und Elektroanlage, um einen extra Trailer zu schleppen – die Zugkraft reicht aus für 220 Tonnen – das ist doppelt so viel wie mit alternativer Technik, die zuvor genutzt wurde. Somit kann das neue Gerät andere Maschinen, Werkzeug und Baumaterial zur Baustelle befördern. Das macht den Cat M323F flexibler, die Kolonne kann bei Bedarf schneller agieren und braucht keine externe oder anderweitige Unterstützung.
Jörg Sack wechselt auf der Bahnstrecke Haar- Trudering auf der wegen der Bauarbeiten gesperrten S-Bahn-Strecke immer wieder mal zwischen Zug- und Rangierfahrt hin und her, wenn er die Gleissperre verlässt, um etwa einen Lagerplatz anzufahren. Bedienen können muss der Fahrer mit seinem Bagger einen Magneten, um Kleineisen zu sammeln und zu verladen. Aber auch einen Saugbaggerlöffel von Tinbin setzt Jörg Sack ein. Damit kann er Schotter im Gleisbett präzise und schnell zwischen den Gleisschwellen oder bei Weichen mit 240 Bar und 50 kW absaugen. So muss keiner der Kollegen aus der Kolonne zur Schippe greifen, um das Ausschachten von Hand zu übernehmen. Mithilfe eines Schwellenwechslers an dem Cat M323F nimmt Jörg Sack Schotter auf, baut Schwellen aus, setzt neue Schwellen ein und verfüllt sie wieder mit Schotter. „An der Entwicklung des Schwellenwechslers war ich mitbeteiligt. Er läuft auf Rollen, die über die Schienen gleiten. Früher sind wir immer mal auch hängen geblieben und die Schwelle ging dann kaputt. Das passiert nun nicht mehr“, meint Jörg Sack.
Die Idee hat er zusammen mit einem Kollegen Peter Zehden vorgetragen, der zusammen mit Martin Kempf die Geschäftsführung innehat. „Er steht hinter uns, wenn wir mit Vorschlägen kommen“, so der Fahrer. So entwickelt sich das Geschäft rund um Schiene, Schwelle und Schotter immer weiter. Erst vor wenigen Wochen wurden von dem neu gegründeten Bahnbauspezialisten moderne Büros in Dorfen in Reichweite zum Bahnhof bezogen. „Wir wollen was bewegen, aber stabil wachsen. Das haben auch schon andere aus der Branche mitbekommen, dass bei uns ein frischer Wind weht. Seit unserem Firmenneustart habe ich schon einige Bewerbungen von Zweiwegebaggerfahrern erhalten, die aufmerksam wurden, dass wir investieren und sich bei uns was tut“, so Martin Kempf. Einen Slogan, andere Fachkräfte zu gewinnen, gibt es auch schon: „Bock auf Bahn“, mit denen Knape Bahnbau am Markt antritt, das Geschäft rund um Schiene und Gleisanlagen aufzurollen.